Pflege daheim statt im Heim: Was kann die 24-Stunden-Betreuung leisten?

Auf den ersten Blick scheint es die perfekte Lösung, wenn es um die Betreuung oder Pflege eines Angehörigen geht: die 24-Stunden-Pflege. Wenn also eine Betreuungskraft bei dem Pflegebedürftigen wohnt. Doch in der Realität lässt sich dies nicht so umsetzen. Das liegt schon an der Bezeichnung, die nicht korrekt ist und falsche Erwartungen schürt. "Auch bei einer 24-Stunden-Betreuung gibt es geregelte Arbeitszeiten und die dürfen 48 Stunden pro Woche nicht überschreiten", erklärt Michaela Pulina-Mathein. Sie ist Pflegedienstleiterin und Pflegeberaterin, unter anderem für famPLUS. Als Inhaberin eines 24-Stunden-Pflegedienstes implementiert sie Betreuungskräfte in Privathaushalte.

Für wen kommt die 24-Stunden-Betreuung infrage?

"Grundsätzlich ist die Betreuung für jede Pflegesituation möglich", sagt Michaela Pulina-Mathein. Wichtig zu wissen sei aber: Die Betreuerinnen sind in der Regel keine ausgebildeten Fachkräfte. Pflegerische Aufgaben können sie aber häufig übernehmen. Wer medizinische Versorgung benötigt, etwa Unterstützung bei der Medikamenteneinnahme oder dem Anziehen von Kompressionsstrümpfen, wird zusätzlich noch einen Pflegedienst ins Haus holen müssen, da die Betreuerinnen dies aus rechtlichen Gründen nicht ausführen dürfen. "Der Vorteil im Vergleich zum Heim ist, dass die pflegebedürftige Person in ihrem Zuhause wohnen bleiben kann und dort versorgt wird", so Pulina-Mathein.

Die Aufgaben von Betreuungskräften

Grundsätzlich gilt, dass die Aufgaben der Betreuungsperson individuell festgelegt werden. "Dies sollte im Arbeitsvertrag möglichst detailliert aufgeschrieben werden", rät die Pflege-Expertin. Häufig liegen die Aufgaben von Betreuungskräften in der Begleitung und Betreuung im Alltag sowie der Unterstützung im Haushalt. Die Mahlzeiten zubereiten und gemeinsam Essen, beim Anziehen, Waschen und Toilettengang unterstützen, miteinander Fernsehen oder den Einkauf erledigen - all das zählt zur Arbeitszeit. Oft erlebe Michaela Pulina-Mathein, dass Pflegebedürftige oder deren Angehörige da andere Erwartungen hätten. Sie macht dann klar, dass eine einzelne Person keine Rundum-Betreuung leisten kann. Denn auch hier gilt das deutsche Arbeitsrecht mit einer Wochenarbeitszeit von 40 Stunden.

Welche Modelle der 24-Stunden-Betreuung gibt es?

Die meisten Betreuungskräfte kommen aus dem osteuropäischen Ausland. Um rechtssicher in Deutschland arbeiten zu können, gibt es dazu verschiedene Möglichkeiten:

  • Über einen deutschen Pflegedienst, der einen Versorgungsvertrag mit den Pflegekassen hat und sich auf die 24-Stunden-Betreuung spezialisiert hat.

  • Beim Arbeitgebermodell wird die Betreuungskraft bei der pflegebedürftigen Person oder deren Familie angestellt.
    Beim Entsendemodell wird die Betreuungskraft von einem ausländischen Unternehmen entsandt.

  • Als Selbstständige arbeitet die Person eigenständig und hat in Deutschland oder ihrem Heimatland ein eigenes Gewerbe angemeldet. Dabei muss unbedingt beachtet werden, dass es sich nicht um Scheinselbstständigkeit handelt.
    Tipp: Vorab mit dem Steuerberater sprechen, um zu prüfen, welche Unterlagen vorliegen müssen.

Worauf achten bei der rechtssicheren Suche nach einer Betreuerin?

In der Regel kommen Betreuungskräfte über eine Agentur zu den Pflegebedürftigen. Es gibt eine Vielzahl an Vermittlungsagenturen, an die man sich wenden kann. Doch wie findet man eine seriöse Agentur oder einen 24-Stunden-Pflegedienst? Michaela Pulina-Mathein sagt: "Wichtig ist, dass die Agentur transparent arbeitet." Das heißt: Leistungsumfang, Ablauf und Kosten klar definieren und die Suche nach der Betreuungsperson transparent gestalten. Dazu gehört es aussagekräftige Profile und Qualitätsbeschreibungen über die Person und ehrlich Auskunft, etwa auch über die Sprachkenntnisse, zu geben. Oft gibt es die Möglichkeit, sich vorab über Telefonate kennenzulernen.

"Ich finde es wichtig, dass die Agentur auch einen pflegefachlichen Hintergrund hat", sagt die Expertin. Alternativ kann man sich an einen 24-Stunden-Pflegedienst wenden, der einen Versorgungsvertrag mit den Pflegekassen hat. So könne die Betreuungs- und Pflegesituation vor Ort gut eingeschätzt und die passende Person vermittelt werden. Angehörige sehen oft gar nicht mehr, wie viele Aufgaben im Alltag anstehen und wie hoch der Betreuungsbedarf ist. Eine Pflegefachkraft kann dies transparent bewerten. Zudem sollte es feste Ansprechpartner, für die Betreuungsperson sowie die Pflegebedürftigen und den Angehörigen. Bei einem deutschen 24-Stunden-Pflegedienst ist dies gegeben.

Wie hoch sind die Kosten für eine 24-Stunden-Betreuung?

Die Höhe der Kosten für die 24-Stunden-Betreuung hängt zum einen vom Modell ab. Beim Arbeitgeber- und Entsendemodell gilt deutsches Arbeitsrecht mit einem Mindestlohn von derzeit 12,82 Euro. Der Lohn wird individuell festgelegt, es gibt keine festen Sätze. Es spielt zum Beispiel auch eine Rolle, wie gut die Person Deutsch spricht. "Die Sprache ist ein wichtiger Kostenfaktor, aber der lohnt sich", sagt Michaela Pulina-Mathein. "Es ist wichtig, dass der Austausch untereinander funktioniert."

Bei Selbstständigkeit wird ein Dienstleistungsvertrag mit der Person geschlossen. Die Höhe der Leistung legen Sie individuell fest.

Die Kosten für eine 24-Stunden-Betreuungskraft liegen zwischen 2500 und 3500 Euro pro Monat. Diese Kosten müssen von der pflegebedürftigen Person selbst übernommen werden. Beim Arbeitgeber- oder Entsendemodell oder der Selbstständigkeit kann das Pflegegeld dafür verwendet werden, sofern ein Pflegegrad 2 oder höher vorliegt. Beim deutschen Pflegedienst lässt sich der Sachleistungsbeitrag dafür einsetzen. Unter bestimmten Umständen ist es auch möglich, die Verhinderungspflege zu nutzen. Besprechen Sie die Finanzierungsmöglichkeiten vorab mit Ihrem 24-Stunden-Pflegedienst oder mit Ihrer Pflegekasse.

So klappt es im Alltag

Damit die 24-Stunden-Betreuung im Alltag gut funktioniert, kommt es laut Michaela Pulina-Mathein vor allem darauf an, dass eine Offenheit und ein gutes Miteinander herrschen. Mitunter würden Angehörige von ihr erwarten, dass sie deren pflegebedürftige Eltern zu dieser Lösung überrede. "Aber das mache ich nicht", stellt sie klar. "Zum einen gibt es das Recht auf Selbstbestimmung und zum anderen funktioniert die 24-Stunden-Betreuung nur, wenn die Person das auch möchte." Es brauche die Offenheit und die Bereitschaft, die Betreuungsperson zu sich einzuladen.

Was auch nicht funktioniere: Wenn Angehörige erwarten, dass sich die Person um alle Aufgaben im Haushalt und bei der Begleitung der Person kümmert. "Auch gemeinsam die Mahlzeiten einnehmen und Spazierengehen, das ist Arbeit - und muss so wertgeschätzt werden", sagt Michaela Pulina-Mathein. Ihre Erfahrung sei: Wenn es nicht passe, dann liege es oft an fehlender Wertschätzung und Offenheit. Ob es im Alltag gelingt und für Pflegebedürftige und deren Familien eine gute Lösung ist, haben sie auch selber in der Hand. Oder wie die Pflege-Expertin sagt: "Jeder ist seines Glückes Schmied."


Quellen:

https://www.mpm-vip-care.de/

https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/gesundheit-pflege/pflege-zu-hause/wie-finde-ich-eine-serioese-vermittlungsagentur-fuer-haeusliche-betreuung-51547

https://www.pflegewegweiser-nrw.de/kosten-ahbk

https://www.apotheken-umschau.de/pflege/pflege-zuhause/24-stunden-pflege-834453.html

https://www.vhbp.de/fileadmin/user_upload/201016_VHBP_-_Memorandum_BihG_see.pdf

https://www.pflege.de/altenpflege/24-stunden-pflege/

 

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