Pflegen geht mit oftmals mit hohen Kosten einher. Wer einen Pflegegrad hat, kann zwar finanzielle Unterstützung von der Pflegeversicherung erhalten. Allerdings ist dies eine Pauschale. Sie hängt vom Pflegegrad ab und nicht von den tatsächlichen individuellen Kosten.
Besonders wenn Betroffene in ein Pflegeheim ziehen, wird das für viele teuer. So zeigt die aktuelle Auswertung des Verbands der Ersatzkassen (vdek), dass die finanzielle Belastung der Pflegebedürftigen stetig zunimmt. So zahlen Bewohner eines Pflegeheimes im ersten Jahr durchschnittlich 2548 Euro aus dem eigenen Geldbeutel. Im Jahr zuvor waren es noch 2200 Euro gewesen.
Viele Menschen können sich das nicht leisten. Wenn Einkommen und Rente nicht ausreichen, um diese Kosten für die Pflege zu bezahlen, können Betroffene die „Hilfe zur Pflege“ beantragen. Was Pflegebedürftige und pflegende Angehörige dazu wissen sollten:
1. Wer hat Anspruch auf „Hilfe zur Pflege“?
Anspruch auf „Hilfe zur Pflege“ hat eine pflegebedürftige Person, wenn ihr Einkommen und Vermögen nicht ausreichen, um die Pflegekosten zu bezahlen. Die „Hilfe zur Pflege“ kann bereits ab Pflegegrad 1 beantragt werden. Auch Pflegebedürftige, die keinen Anspruch auf Leistungen der Pflegeversicherung haben, weil sie nicht kranken- und pflegeversichert sind, können Hilfe zur Pflege erhalten. Das gilt auch für Menschen mit kurzzeitigem Pflegebedarf.
2. Welche Leistungen umfasst die „Hilfe zur Pflege“?
Personen mit Pflegegrad 1 haben Anspruch auf einen begrenzten Teil der Leistungen. Das sind: Pflegehilfsmittel, Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfelds, Entlastungsbetrag, digitale Pflegeanwendungen. Ab Pflegegrad 2 umfassen die Leistungen der „Hilfe zur Pflege“ den gesamten persönlichen Pflegebedarf. Dazu zählen etwa: der ambulante Pflegedienst, Tages- oder Nachtpflege, Kurzzeitpflege, Verhinderungspflege, Pflegeheim, Pflegehilfsmittel, Entlastungsbeitrag, digitale Pflegeanwendungen, Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfelds.
3. Wie und wo wird „Hilfe zur Pflege“ beantragt?
Der Antrag zur „Hilfe zur Pflege“ wird beim zuständigen Sozialamt gestellt. Die Mitarbeitenden können bei der Antragstellung unterstützen. Folgende Unterlagen werden zusätzlich zum Antragsformular benötigt:
Personalausweis oder Reisepass
Einkommensnachweis
Belege über das Vermögen
Bescheid über den Pflegegrad und Gutachten des Medizinischen Dienstes
Nachweis über Kranken- und Pflegeversicherung
Nachweise über Ausgaben (Mietvertrag, Kontoauszüge, Altersvorsorge)
Eventuell Vorsorge- oder Betreuungsvollmacht
Eventuell ärztliche Unterlagen
Eventuell Nachweise über Pflegekosten (Pflegeheim, Pflegedienst etc.)
4. Wo liegt die Einkommensgrenze?
Es gibt keine einheitliche Einkommensgrenze für „Hilfe zur Pflege“. Die Einkommensgrenze wird jeweils individuell berechnet. Sie berücksichtigt Kosten für die Unterkunft und den Familienstand, inklusive eines Grundbetrags und Familienzuschlägen. Der Grundbetrag liegt aktuell bei 1004 Euro, der Familienzuschlag pro im Haushalt lebenden Angehörigen bei 352 Euro. Unabhängig vom Einkommen prüft das Sozialamt bei der Bewilligung der „Hilfe zur Pflege“, ob der Pflegebedürftige privates Vermögen besitzt, um die Pflegekosten zu bezahlen.
5. Wird das gesamte Vermögen mitgerechnet?
Nein, es wird nur der Teil des Vermögens herangezogen. Es gibt ein sogenanntes Schonvermögen. Dieses bleibt unangetastet und dient der eigenen Absicherung. Zu dem Schonvermögen des Pflegebedürftigen zählen: Barvermögen bis 10.000 Euro, ein angemessenes Auto, selbst genutztes Wohneigentum, angemessene Rücklagen (etwa zur zusätzlichen Altersvorsorge). So gilt ein Einfamilienhaus bis 130 qm als angemessen, eine Eigentumswohnung bis 120 qm. Über die Angemessenheit wird immer im Einzelfall entschieden.
6. Wird das Einkommen und Vermögen von Familienmitgliedern mitberechnet?
Ja, durchaus. Das Einkommen und Vermögen des Ehe- und Lebenspartners wird bei der Beantragung von „Hilfe zur Pflege“ einberechnet. Allerdings gibt es auch hier ein Schonvermögen von 10.000 Euro. Bei Ehepaaren entspricht der gemeinsame Schonbetrag demzufolge 20.000 Euro. Auch das Eigenheim zählt üblicherweise zum Schonvermögen, sofern es angemessen ist. Darüber entscheidet das Sozialamt.
7. Müssen sich Kinder an den Pflegekosten der Eltern beteiligen?
Unter bestimmten Umständen sind die Kinder zum sogenannten Elternunterhalt verpflichtet und müssen sich auch an den Kosten für die Pflege beteiligen. Diese Pflicht erstreckt sich auf die leiblichen Kinder der bedürftigen Eltern. Dabei gilt jedoch eine Einkommensgrenze, festgelegt durch das Angehörigen-Entlastungsgesetz. Erst, wenn Kinder mehr als 100.000 Euro Brutto pro Jahr verdienen, sind sie unterhaltspflichtig für ihre Eltern. Die Sozialhilfeträger können die Pflegekosten der Eltern von ihnen zurückverlangen. Gut zu wissen: Vorhandenes Vermögen, etwa Immobilien, werden nicht mitgerechnet. Besteht die Vermutung, dass ein Kind mehr als 100.000 Euro jährlich verdient, wird das Sozialamt um Auskünfte über das Einkommen bitten, um die Höhe des Elternunterhalts zu berechnen.
Die „Hilfe zur Pflege“ kann eine wichtige finanzielle Unterstützung für Pflegebedürftige und deren Familien sein. Anders als häufig behauptet, muss nicht das gesamte Vermögen verbraucht sein, bevor diese Sozialleistung beantragt wird. Wichtig ist es, sich gut zu informieren. Anlaufstellen für Beratung sind das örtliche Sozialamt, Pflegestützpunkte und -beratungsstellen sowie Verbraucherzentralen.
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Von Peggy Elfmann
Quellen:
https://gesund.bund.de/hilfe-zur-pflege
https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_12/BJNR302300003.html#BJNR302300003BJNG001101360
https://www.bmas.de/DE/Service/Gesetze-und-Gesetzesvorhaben/angehoerigen-entlastungsgesetz.html
https://www.bayernportal.de/dokumente/leistung/272090423446?localize=false
https://www.verbraucherzentrale.de/beratung
https://www.pflege.de/pflegegesetz-pflegerecht/sgb/xii/hilfe-zur-pflege/
https://www.finanztip.de/elternunterhalt/elternunterhalt-schonvermoegen/